Die Genetik beschäftigt sich mit den Gesetzmässigkeiten der Vererbung und ihren molekularen Mechanismen.
Gene und Chromosomen
Das äussere Erscheinungsbild eines Organismus, sein Phänotyp, setzt sich aus einer grossen Anzahl von Merkmalen – z.B. Fellfarbe, Augenfarbe, Geschlecht,… – zusammen. Diese werden durch die Erbanlagen bestimmt. Die Gesamtheit aller genetischen Information, über die ein Organismus zur Ausprägung seines Phänotypes verfügt, wird Genotyp genannt.
Ein Erbfaktor, der ein einzelnes Protein kodiert, heisst Gen. Für die Ausbildung eines Merkmales können mehrere Proteine und damit Gene nötig sein; andererseits kann ein einzelnes Gen auch mehrere Merkmale beeinflussen.
Fast alle Gene sind im Zellkern auf den Chromosomen lokalisiert. Beim Pferd enthält jede Zelle (mit Ausnahme der Geschlechtszellen) 64 Chromosomen. Sämtliche Chromosomen liegen paarweise vor, jedes Pferd hat vom Vater 32 und von der Mutter 32, weshalb man auch vom doppelten Chromosomensatz spricht.
Regeln der Vererbung
Die jeweils auf den sich entsprechenden (homologen) Chromosomen am gleichen Ort liegenden Gene werden als Allele bezeichnet. Sind die beiden Allele völlig identisch, ist der Träger in diesem Merkmal reinerbig oder homozygot. Unterscheiden sich sie sich, ist er mischerbig oder heterozygot.
Bei einem heterozygoten Allelpaar ist häufig die Genwirkung des einen Allels stärker als die des anderen. Das stärkere Allel nennt man dominant, das von diesem überdeckte, schwächere Allel rezessiv. Aus der dominanten oder rezessiven Wirkung der einzelnen Gene ergibt sich die Häufigkeit, mit der sich ein Merkmal bei den Nachkommen bemerkbar macht. Ein dominantes Gen wird sich bei zwei mischerbigen Eltern bei 75% der Kinder bemerkbar machen, ein rezessives nur bei 25%.
Allgemein üblich ist eine Bezeichnung der Allele durch Buchstaben. Grosse Buchstaben bezeichnen dabei dominante Merkmale, kleine Buchstaben stehen für die rezessiven Allele.
Das Merkmal für Schimmel zum Beispiel, ist dominant. Ein Pferd, das ein Schimmel ist, hat somit das dominante G (für Gray, Schimmel auf Englisch) am Genort für Schimmelung. Das rezessive g bewirkt keine Schimmelung des Pferdes. Da immer von Vater und Mutter je ein g- oder G-Allel zusammenkommen, hat jedes Pferd für jedes Merkmal zwei Allele (also z.B. G vom Vater und g von der Mutter -> Gg). Da das rezessive g keine Auswirkung auf den Träger dieses Allels hat, wird ein Pferd mit gg am Genort für Schimmelung andersfarbig sein. Somit ist z.B. auch gegeben, dass ein Schimmel immer einen Schimmelelternteil haben muss.
In der folgenden Tabelle werden die verschiedenen, bekannten Allele für die Fell- und Mähnenfärbung und ihre Auswirkung aufgeführt. Nebst dominanten Allelen (Dominanz kommt immer zwischen den gleichen Allelen vor, also G und g), gibt es auch sogennannt epistatische Allele: diese überdecken oder verdrängen ein anderes Merkmal, das nicht am gleichen Genort liegt. Sie sind also im äusseren Erscheinungsbild, dem Phänotyp, dominant (z.B. das Allel für Weissgeboren W: der Träger eines W ist immer weiss von Geburt an, ist aber im Genotyp ein andersfarbiges Pferd).
Das Zusammenspiel der verschiedenen Allele (Genotyp) bewirkt die schliesslich äusserlich sichtbare Farbverteilung (Phänotyp) beim Pferd.